„Literatur ist ein Medium der Geduld, der geschärften Wahrnehmung. Und sie leistet das Paradox, glücklich zu machen, auch wenn sie von Unglück spricht“ 

( Ilma Rakusa)

Reinhard Tramonta - Briefe aus der Schubhaft

27.11.1998

BRIEFE AUS DER SCHUBHAFT

Lesungen & Gespräch  

  „Ich weiß, daß du mehr deprimiert bist als ich, denn ich weiß, du bist ein Bräutigam, der gerade geheiratet hat und eigentlich das Leben von einem Bräutigam sehr schön sein soll. Wir verbringen nun unsere Flitterwochen im Gefängnis. Sei nicht traurig und habe Mut. Was soll ich tun, ich möchte dir sehr gerne diesen Brief schicken, aber keiner nimmt ihn von mir und ich wünsche mir, daß wir wenigstens eine Woche in einem Haus alleine wohnen können, damit du fühlst, daß du gerade ein Bräutigam bist, der allerschönste und hübscheste Bräutigam …“

Die Welt feiert das 50jährige Jubiläum der Erklärung der Menschenrechte. Österreich feiert auf seine Art: mit einer zunehmend verschärften Asylpolitik. „Sie geben weiters an, sichtbare Folterspuren auf den Schultern, auf dem Rücken und am Kopf gehabt zu haben … Solche Behauptungen, geschlagen worden zu sein und Verletzungen davongetragen zu haben, sind leicht in den Raum gestellt. Diese Angaben sind in einer Gesamtschau zu beurteilen und sind diese (sic) durch das fachärztliche Gutachten widerlegt …“ (Aus einem abschlägigen Asylbescheid eines Asylwerbers aus dem Kosovo)

Peter Henisch und Reinhard Tramontana lesen an diesem Abend aus Briefen und Cassibern von Schubhäftlingen sowie aus Tagebuchaufzeichnungen einer Flüchtlingsbetreuerin – gegenübergestellt der traurigen Aktualität von Dokumenten und Bescheiden aus Asylverfahren – einer ‚Textsorte‘ der eigenen Art, deren Zynismus seinesgleichen sucht.

Anläßlich der gegenwärtigen Ereignisse in Kosova liest Petra Nagenkögel Lyrik des kosova-albanischen Schriftstellers Ali Podrimja.

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