„Literatur ist ein Medium der Geduld, der geschärften Wahrnehmung. Und sie leistet das Paradox, glücklich zu machen, auch wenn sie von Unglück spricht“ 

( Ilma Rakusa)

Jochen Jung - Das süße Messer

14.12.2009

JOCHEN JUNG
DAS SÜSSE MESSER

Lesung & Gespräch

„Noch war nicht dieses Tages Abend, noch lange nicht. Den Bäumen, die sie von ihrem Küchenfenster aus sehen konnte, merkte sie an ihrem Hin und Her an, dass sie noch eine gute Weile mit dem Wind zu tun haben würden, die wenigen Wolken, die jetzt den Himmel querten, waren sehr schleunig unterwegs, und dass da jetzt irgendwo im Haus eine Toilettenspülung rauschte, klang ihr fast wie ein Naturereignis.

Sie ließ alles gelten, war mit allem einverstanden, saß da auf ihrem Küchenstuhl und erteilte dem Leben Zensuren, mit denen es im Augenblick nur einverstanden sein konnte.“ Nichts weniger als die Liebe ist es, die am Vorabend ihres fünfzigsten Geburtstags bei Ute Cantz vorstellig wird – und sie tut das, wie es eben so Sache der Liebe ist, plötzlich, ungerufen und unerwartet, im Halbdunkel einer Tiefgarage und mit der Vehemenz eines Ereignisses, das durchaus schicksalhaft sein will. Ute Cantz ist Kunsthistorikerin, Mutter einer erwachsenen Tochter, Freundin eines Malermeisters mit Hang zur Kunst. Sie ist bestens eingerichtet in einem Leben, dem es an nichts zu fehlen scheint und das dennoch noch mehr bereitzuhalten hat. Den Anwalt Achim Zotter nämlich, der sich mit Entschiedenheit und großen Rosensträußen einbringt in ihre geordnete Welt. Gewitzt und schwungvoll, mit Sinn für skurrilen Humor und im bewussten Spiel mit den Möglichkeiten der Novelle nimmt Jochen Jung die „Liebe auf den ersten Blick“ beim Wort. Einführung: Petra Nagenkögel.

Jochen Jung, geboren 1942 in Frankfurt am Main, aufgewachsen in Eckernförde an der Ostsee, lebt in Salzburg. Studium der Germanistik und Kunstgeschichte in Zürich, Berlin und München. 1975 – 2000 zuerst Lektor und später Leiter des Residenz Verlags in Salzburg. 2001 gründete er den „Jung und Jung Verlag“. Herausgeber zahlreicher Anthologien. Veröffentlichungen u.a: „Täglich Fieber“ (2003); „Venezuela“ (2005).

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