„Literatur ist ein Medium der Geduld, der geschärften Wahrnehmung. Und sie leistet das Paradox, glücklich zu machen, auch wenn sie von Unglück spricht“ 

( Ilma Rakusa)

Olga Sedakowa - Reise nach Brjansk

29.05.2000

OLGA SEDAKOWA
REISE NACH BRJANSK

Lesung & Gespräch (russisch/deutsch)

„Nur zu Frühlingsbeginn und ganz spät im Herbst ist es wirklich poetisch, eine Reise durch Mittelrußland zu machen. Ich sage das ohne jegliche Bosheit ... Dabei sind die paar Wochen...noch das harmloseste Symbol des Abgrundes, Generalprobe der Sintflut, jener Fluten, die ... irgendwann alles Lebende wieder überdecken. Angenehme Vorstellung, daß diese Generalprobe gerade in unseren Breiten erfolgt.“

Mit dem soeben auf deutsch erschienenen Buch „Reise nach Brjansk“ legt Olga Sedakova- sie zählt, obwohl ihre Texte bis 1989 verboten waren und nur im Selbstverlag erscheinen konnten, zu den bekanntesten und bedeutendsten russischen Dichterinnen - zwei Erzählungen vor, die seltene Einblicke vermitteln: Impressionen aus der Provinz, Skizzen alltäglicher Wirklichkeiten im zerfallenden sowjetischen Reich, Bilder seiner Geschichten und Mythologien. Und nicht zuletzt Reflexionen über die Befindlichkeit der ‚Intelligenzia‘ in Zeiten des Umbruchs. Nur vordergründig als Reiseeindrücke zu lesen, sind diese Erzählungen ein assoziativer Gedankenstrom - von präzisen Beobachtungen, Liedern und Zitaten, Erinnerungen, Monologen, Traumsequenzen, geschrieben in einer Sprache, die lakonische Nüchternheit mit poetischer Bildhaftigkeit verbindet. Die titelgebende „Reise nach Brjansk“ konfrontiert mit subtiler Ironie die entwürdigenden Lebensverhältnisse der Provinzstadt mit der Tradition der Hochkultur von Puschkin bis Chlebnikov - und läßt ein skurriles und phantastisches Bild der Sowjetunion kurz vor ihrem Zerfall entstehen. Die „Reise nach Tartu und zurück“ führt einige Vertreter der „russischen Intelligenzia“ von Moskau nach Estland zum Begräbnis des Literaturtheoretikers Lotmann. Das Begräbnis erhält symbolischen Charakter, wird lesbar als Abgesang und Ende einer Epoche...

„Ich brauche keine zusätzliche Injektion an Depression. Kunst, wie ich sie verstehe, muß das Bewußtsein erhellen... Sie muß etwas geben, was unsere Muskulatur stärkt.“ (Olga Sedakova)

Einleitung: Erich Klein

Veranstalter: prolit

 

 

 

 

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